Von der Piste in die Bar

Für das Auffallen auf der Piste ist gesorgt: Noch nie haben grosse Modedesigner eine derart kreativ und technisch hochstehende Skimode entworfen wie diesen Winter.

Skioverall Bogner

In St. Moritz, Gstaad oder dem bescheideneren Adelboden hat man schon immer gerne angegeben, sei es mit einem eleganten Kurzschwung oder im aktuellsten Skidress. In der Weite der weissen Piste wollen wir alle eine gute Figur abgeben. Bogners Keilhose war in den Fifties der erste bleibende Gag der Pistenmode. Die Coolness in Oversize der ersten Snowboarder der 1990er Jahre vermischt sich heute

Bogner

mit der Forschung nach den idealsten Textilien der letzten Jahrzehnte: Hohe Funktionalität und Highfashion-Design. Zwar hat Hermès schon in den 1930er Jahren und Karl Lagerfeld bei Chanel vor einem Jahrzehnt ein Outfit für die Piste vorgeschlagen, der Winter 2019/2020 ist jedoch rein visuell das Schönste, was je geboten worden ist. Namhafte Designer mischen mit, um uns auf der Piste einen grossen Jahrgang  zu bescheren.

Die kleingewobenen ethnischen Muster von Monclers Jacken liefern ein völlig neues Pistengefühl, vor allem zu den modischen Trompetenhosen; quasi von der Stadt auf die Piste und flugs in die Bar. „Alpine Clubbing“ heisst denn auch Bogners verrückte Sonderkollektion, die sich an den Clubbern von St. Moritz inspiriert. Die Kapsel habe das Ziel, den Wunsch der Kundin zu erfüllen, die nicht nur im Alltag, sondern auch auf der Piste auffallen und die Marke zeigen wolle ohne auf die hohe Funktionalität zu verzichten. Das traditionelle Skisportlabel aus München, das jahrzehntelang die deutsche Nationalmannschaft eingekleidet hat, will gegenwärtig sein Image verjüngen. Deshalb zeigt Bogner an der Berliner Fashionweek nicht nur seine Qualitätssachen, sondern auch freche Showeffekte wie Miniröcke im Schnee zu silbern schimmernden Gamaschen. Aber auch echt skitüchtige Designermodelle werden geboten, etwa der leuchtgelbe Retro-Overall, der die schlanke Silhouette der Schweizer Skirennfahrerin Doris de Agostini heraufbeschwört.

Mit seinem Retro 1960/1970 schafft auch Monclers Chefdesigner Sandro Mandrino eine sehr hype Highfashion-Skimode. Performanz, Technik, Komfort und Leichtigkeit standen zwar für den Italiener, der eine technische Ausbildung besitzt, im Vordergrund, doch auch seine Kreativität kennt keine Grenzen: Die  Fransen seines Blousons Orbeillaz mit hohem Stehkragen entführt in die Rocky Mountains. Verträumte Stickereien von Sternen und Monden zaubern das Himmelszelt auf die enge, nur am Schulterblatt und der Brust sexy ausgeschnittene Trägerskihose. Skandinavische Motive in süssen Farben oder Blumenprints ergänzen diese Grenoble-Kollektion, die sich tatsächlich für die Piste eignet: Die mit Daunen wattierten Jacken bestehen aus technischem, lackierten Nylon, sind wasserabweisend und atmungsaktiv oder besitzen die notwendigen Taschen für Skipass sowie Handy, ergänzt mit Kabelöffnungen aus Silikon.

Haute-Couture im Schnee

An Moncler’s Genius-Kollektionen, die keine eigentliche Ski- sondern Wintermode darstellen, hat sich sogar Valentinos Chefdesigner Pier Paolo Piccioli beteiligt: Seine weitschwingenden, wattierten, bodenlangen Röcke zu engen Jacken mit Puffärmeln, deren Kapuzen wie Hauben wirken, sind pistenuntauglich, werden jedoch in Courchevel für die gesuchte Aufmerksamkeit sorgen. Dass sich nun auch der Superluxus für den Wintersport interessiert, hat nicht nur mit der Pflege des Egos, sondern auch mit den Marktprognosen zu tun. Denn laut den Börsenberichten wird der Umsatz der Sportmode bis 2023 jährlich um 8 Prozent zunehmen. Mc Kinsey bezeichnet den Sportswear sogar als das Segment mit dem höchsten Wachstumspotential. Aber: „Nur Marken, die den Zeitgeist wiederspiegeln oder den Mut haben, sich neu zu interpretieren, werden mithalten können“.

Urban inspiriert

Templa x Raf Simons

„Raf Simons besitzt ein besonderes Flair für den Zeitgeist, und heute besteht eine grosse Nachfrage nach Outerwear, das Technik und Design vereint“, stellt Rob Maniscalco am Telefon in Melbourne fest. Der Chefdesigner des jungen Labels Templa mit Sitz in Melbourne und Antwerpen hat eng mit dem Topdesigner Raf Simons zusammengearbeitet, um mit der Linie „Templa x Raf Simons“ des Belgiers erste Skiwear zu realisieren. Rafs grosszügiger Stil, weiter, geometrischer Silhouetten, ist sofort erkennbar, ein Outfit für die Piste, das schützt und den aktuellen urbanen Schick besitzt. Die aus nachhaltigen Materialen geschnittene Kollektion garantiert einen hohen Komfort. Ob bei Moncler oder Templa, solche Designermodelle kosten allerdings spielend zweitausend Euros.

Das Angebot richtet sich denn auch an den Grossteil der Luxuskunden, die  jungen und vermögenden Millenniums,

Prada

 

die den neuen, urbanen Lifestyle der ständigen Bewegung pflegen. Deshalb springt auch Miuccia Prada in die Bresche: Ihre Linea Rossa ist Pradas dritte Kollektion sogenannter Funktionssachen, die diesen Winter sogar den Tenor der  Hauptkollektion angeben. Sie wiederspiegeln Travel, Speed, Dynamik und Energie, ob in der Großstadt oder auf der Piste. Aus Goretex und recycelten Materialien bequem geschnitten, gibt das Mailänder Modehaus deshalb auch ein perfektes, zwar sehr schlichtes, aber umso funktionstüchtigeres Skioutfit heraus, bestehend aus Jacke, Hose und Pulli, bis hin zu Helm und taktilen Handschuhen. Eine hochqualitative Skiausrüstung mit Raffinesse: Das eingeklebte Taschentuch fängt den berüchtigten Nasentropfen während der Fahrt auf. Die gummierten Reißverschlüsse lassen keine Feuchtigkeit eindringen. Und da man heute auf der Skipiste eher schwitzt als friert, kann man Pradas Tenues an den Oberschenkeln und –armen blitzschnell öffnen, um für Durchzug zu sorgen.

 

Bilder: zvg

Die Fashion stellt auf grün um

Mit dem Fashionpakt und dem Programm LIFE stellen die grossen Modeplayer die Weichen für umweltbewusste Kleider.

Klar wird es noch ein paar Jahrzehnte dauern, bis wir völlig entspannt Hoodies, Anzüge oder Abendkleider tragen, die weder der Umwelt, der Artenvielfalt, dem Tier noch den Beschäftigten in der Textilindustrie schaden. Vom Rohstoff über die Produktionsketten und die Transportwege bis zur Ausstattung der Läden, alles soll nun bald aber tiergerecht und nachhaltig werden. Die Modegiganten, die wie Chanel, Hermès, Gucci oder Saint Laurent,  aber auch H&M, Gap oder Carrefour, den Fashionpact unterschrieben haben, engagieren sich, die CO2-Neutralität erst 2050 zu erreichen. Bis 2030 aber wollen sie auf 100 % erneuerbare Energien umstellen, was imponiert, für die Modehersteller jedoch nicht verbindlich ist. Sie müssen dennoch jährlich ihre eingeführten Massnahmen an einer Versammlung bezeugen. Emmanuel Macron persönlich erwartet Resultate, insbesondere was den Respekt der Artenvielfalt, den Schutz der Ozeane und die Begrenzung des Klimaeinflusses betrifft. „Der Textilsektor ist für einen Drittel der Verschmutzung der Ozeane verantwortlich“, donnerte der elegante französische Staatschef ungewohnt heftig Ende August am G7 Gipfel in Biarritz, wo er den Fashionpact enthüllte. 30 internationale Modeakteure und rund 150 Labels haben unterschrieben, dem verschwenderischen Kleiderkonsum und dessen extrem umweltbelastenden Herstellung den Riegel schieben.

Denn die Fastfashion hat die Textilproduktion in den letzten 15 Jahren verdoppelt und zur zweitgrössten Umweltverschmutzerin gemacht. Unsere Bettwäsche und unser Kleiderschrank produzieren weltweit  jährlich 1,2 Millionen Tonnen Treibhausgas. Ganz zu schweigen von der Gewässerverschmutzung durch Färben und Waschen, dem extrem hohen Einsatz von Pestiziden in den Baumwollkulturen oder alle chemischen Fasern, die einen Drittel aller Mikroplastikpartikeln den Meeren beisteuern.

Entsprechend grüne Initiativen finden aber seit einem Monat an den Fashionweeks von New York, Mailand, London und Paris nicht auf dem Laufsteg, sondern am Verhandlungstisch statt. Paris brodelt mit Roundtables, Showrooms und Modemessen, um den Umweltschutz in allen Facetten einzuleiten.  London lancierte sein noch vages Positive-Fashion-Weissbuch, das sich bis in die Schulprogramme auswirken soll.  Mailand hat mit dem Green-Carpet-Fashion-Award nicht nur die umweltbewusstesten Modedesigner ausgezeichnet;  Gucci gab auch bekannt,  die Klimaneutralität bereits erreicht zu haben.  Das erfolgreiche Label kompensiert seine CO2-Emmissionen dank Projekten zum weltweiten Schutz der Wälder. Das florentinische Modehaus gab ebenfalls an, die ganze Beschaffungs- und Produktionskette nachhaltig zu gestalten und will auf organische Fasern oder nachhaltige Materialien fokussieren.

Die Greta Thunberg der Mode

Noch sind aber die reinen Oeko-Labels eine Nische, die es im Internet oder an Messen aufzuspüren gilt. Veja und Jerome Dreyfuss sind die Pioniere für Bio-Leder. Misericordia bezahlt  seit je her faire Löhne. Auf dem Laufsteg gibt es aber nur eine, die durch und durch grün ist und wie eine Greta Thunberg der Mode den Weg weist: Stella McCartney. Die Tochter von Ex-Beatle Paul besitzt die Prominenz, um von anderen Promis angehört zu werden.  „Ich werde weder Leder, noch Pelz, noch Federn einsetzen“, hat die heute 48jährige  schon vor zwanzig Jahren in der Chefetage des Luxuskonzerns Kering – damals noch PPR – während ihres Vertragsabschluss festgehalten. Als Vegetarierin, die auf einer Farm aufgewachsen ist, dominiert bei ihr der Tierschutz. Die Stardesignerin  tüftelt aber auch mit Stoffabfällen und pflanzlichen Ölen, um geschmeidiges  Vegan-Leder zu gewinnen wie man es von ihren Falabellabags kennt. Sie macht aus Stoffresten und den aus den Meeren gefischten Plastikflaschen eine neue Faser, die auch beim Stan Smith Vegan zum Ausdruck kommt. Leimfreie Sneakers sind ihr nächstes Ziel. Mit Adidas entwickelt die Topdesignerin ganze Linien nachhaltigen Sportswears.

Die populäre Modeikone hat zudem einen guten Draht zu Luxuskonzernleitern wie François-Henri Pinault (Kering) oder Bernard Arnault (LVMH). Sie war es, die Pinault vor zwei Jahrzehnten von der Umstellung auf ein nachhaltiges Modell, – wie ihr Label es lebt – überzeugte.  Inzwischen hat Kering in 7 Ländern auf 100% erneuerbare Energien umgestellt; in Europa auf 77 Prozent. Macron hatte den Keringchef bereits im Mai mit der Ausarbeitung des Fashionpakts beauftragt, den alle Labels der Keringgruppe (Balenciaga, Saint Laurent, Bottega Veneta, etc.), nicht aber Bernard Arnaults LVMH- Luxusmarken (etwa Louis Vuitton, Dior, Celine) unterschrieben haben. Der zweitreichste Mann der Welt hinkt ein bisschen nach, fängt sich aber auf, indem er 5 Millionen zur Bekämpfung der Waldbrände im Amazonas spendet, und nun Stella McCartney als seine Sonderberaterin einstellt:

LVMH lanciert eigenes Umweltschutzprogramm

„Ich habe den Fashionpakt nicht unterschrieben, weil LVMH keine Fashiongruppe ist. Diese stellt nur einen kleinen Anteil unserer Tätigkeit dar. Ausserdem machen viele dieser Unternehmen Fastfashion. Damit haben wir nichts zu tun“, erklärte Bernard Arnault am letzten Mittwoch, als der LVMH Chairman und CEO überraschend sein Umweltschutzprogramm LIFE veröffentlichte.  Es will insbesondere  Alternativen zum Warentransport per Luftverkehr suchen. Mit einer Charta will der Luxuslederwarenkonzern auch die Rohstoffe tierischer Herkunft klar definieren.

Was auf dem Papier steht, geht allerdings noch nicht konkret über den Laufsteg. In London sind Vin + Omi mit ihren Mänteln aus Brennnesseln aufgefallen, die aus Prinz Charles‘ Garten stammen. Vegane Wanderschuhe, Bio-Polos und Jacken aus recycelten Bettfedern zeigte in Mailand auch Tommy Hilfiger. Stella McCartney’s Show mit der Frühjahrskollektion läuft am nächsten Montag.

Vor zwei Jahren hat sie sich von Pinault getrennt. Dank ihrer kürzlichen Ernennung zur Umweltschutzberaterin des weltweit grössten Luxuskonzerns LVMH ist die Beatletochter nun einmal mehr am richtigen Platz: Ihm wird vorgeworfen, jüngst unverkaufte Handtaschen verbrannt zu haben, sie aber erhielt den Green Carpet Fashionpreis  Grownbreaker und wird deshalb auch hier auf grün umschalten.

Bilder: Unterschrieben haben den Fashionpact auch Saint Laurent und Hermès. Der Luxuslederhersteller hat die Szenograhie seiner Runway-Show rezykliert und einer Künstlervereinigung gespendet copyright Jean-François José

Modegierige Männer

Nur zu. Formelles mischt sich heute problemlos mit Street- oder Workingwear. Die Freiheit ist da. Und der Mann besitzt endlich auch den notwendigen Mut.

Julien David copyright Raphael Lugassy

Für die Millionen, wenn nicht Milliarden junger Männer, die in den Agglomerationen der Grossstädte wie London, Madrid, Zürich oder Peking, Los Angeles oder Tokio leben, stellt sich die Frage gar nicht. Für sie ist ein gestylter Look völlig normal. Sie haben den Modemut im Blut. Deshalb wurde die Pariser Men-Fashionweek am letzten Wochenende zum wahrhaftigen Happening. Alle Stühle entlang der Laufstege  waren bis auf den letzten Platz besetzt. Bei bester Stimmung haben sich die Männer aus aller Welt an kreativ hochstehenden Schauen für die Mode des Winters 2018/19 inspiriert. Man traf sich beim Edellabel Hermès‘ rund um lauschige Lagerfeuer inmitten eines renovationsbedürftigen Kreuzganges, wo bunte Berglandschaften Pullis und Reisetaschen zierten. In der cleanen Garage des Jungdesigners Julien David hingegen haben die Models ganz witzig in maskierten Hundemasken den trendigen Oversize, Coolness und durchsichtige Regenschütze aus Silikon präsentiert. Sogar bei der Entertainerin Agnes b. war der Andrang so gross, dass sie drei Schauen veranstalten musste. Lanvin erntete tosenden Applaus. Kurz: Die Männer sind begeistert und suchen so mutig wie fast noch nie ihren ganz persönlichen Stil.

„Es findet eine Explosion statt, die eines Tages die Damenmode überrunden wird“, ereifert sich sogar Riad in einer Pariser Tiefgarage an der edlen rue de la Paix, wo sich der Showroom von Nïuku befindet. Der 40jährige Modedesigner gehört zum Dreierteam dieses Junglabels, das wie acht andere Newcomer zum ersten Mal offiziell lief, sozusagen aus dem Underground ins Rampenlicht. Während andere Junglabels absichtlich in den Männermodemarkt einsteigen, weil er weit weniger von den grossen Modegiganten beherrscht wird als bei den Damen, bezeichnet der zweite im Bund, Lenny, die Nïuku-Klamotten als genderless (geschlechtslos). „Viele Frauen kaufen heute Männerkleider“, schmunzelt der Franzose, an dessen Show sich hochkarätige Moderedaktoren, eine äusserst schicke Stadtjugend und stilvoll gekleidete Blacks die Sitz- und Stehplätze streitig gemacht haben, um einen Blick Mode zu erhaschen, die nie langweilt. Man meint, man sehe Vintage und dennoch ist alles neu.

Lenny Guerrier und sein Partner Riad im Showroom ihres Labels Nïuku copyright esther haldimann

Lenny und Riad stammen ursprünglich aus den Banlieues. Seit dem „R“ von Raf Simons auf den Adidas-Turnschuhen interessiere sich auch die urbane Vorstadtjugend für die Highfashion, erklären sie. Ihr Kult für Hoodies, Bombers und Markensneakers, Street- und Workingwear oder eigens auf dem Flohmarkt zusammengestellte Looks hat inzwischen die Laufstege und den Durchschnittsmann erreicht, um alles zu Formelle zu ergänzen.

Sir Paul Smith

Denn der Mann ist heute modemutig, weil sein Ego seit einem Jahrhundert leidet. Einst eine Modeikone mit rauschenden Krägen (Renaissance), hohen Absätzen, die auch bei den Eidgenossen im 16. Jahrhundert Gang und Gäbe waren, oder Mozartzöpfen (Aufklärung), haben die Kriege den Mann zur Uniform verknurrt. Deshalb mauserte sich der Anzug mit Krawatte nach dem zweiten Weltkrieg nahtlos zur Berufsuniform. Ein Zwang aus dem sich das männliche Geschlecht endlich befreit, um sein wahres „ich“ zu kleiden. „Sein Mut reift seit zwanzig Jahren“, beobachtet der britische Modedesigner Sir Paul Smith. Es ist sein Landsmann David Beckham gewesen, der auf dem Fussballplatz plötzlich einen neuen Look mit Tattoos, Schmuck und gestylter Frisur inszeniert hat. Man nannte diese neuen Männer die Metrosexuellen, die sich mit Masken und Cremen die Haut pflegten. Dann haben die Hipster und Lambersexuellen mit Extravaganz und Coolness den Männern Mut zur lockeren Interpretation ihrer selbst gemacht.

„Sie sind heute mutiger, weil sich die Welt verändert hat, weil sie freier sind.  Lockere Dresscodes werden jetzt in

Carol Lim (Kenzo) copyright esther haldimann

vielen Betrieben akzeptiert. Mit T-Shirts, Jeans, Sneakers oder Formellem kleiden sich die neuen Männer heute aus Freude, nicht mehr aus Zwang“, meint Carol Lim, die als Chefdesignerin zusammen mit Humberto Leon Kenzos alten Stil mit Street- und Workingwear erfolgreich aufpeppt. Beide pendeln zwischen Paris und New York, stammen aber aus Los Angeles, deren Underground seit Jahren in der Mode den Ton angibt und wo auch Stardesigner Hedi Slimane lebt, der diese Revolution zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit seinen rockigen Anzügen bei Dior eingeleitet hat.

Sneakers zum Anzug sind seither ein Must und kein Fehltritt. Überhaupt dominiert die Schale nur noch unter den Spitzenpatrons am Davoser Weltwirtschaftsforum oder in der Politik, wo jedoch in Frankreich die „Insoumises“ (Widerspenstigen) rund um den saloppen Jean-Luc Mélanchon bei ihrem Einzug in die Nationalversammlung auch deren bisherigen Dresscode abgeschafft haben.

Schaufenster zur Traumwelt

Im digitalen Zeitalter wird das Schaufenster zum Bühnenbild.  Darin ist Leïla Menchari Pionierin. Seit 40 Jahren verwandelt sie Hermes‘ Vitrinen in Traumwelten.

 

Unabsichtlich hat die heute 90jährige Künstlerin den aktuellen Trend ausgelöst: Während 40 Jahren zauberte die gebürtige Tunesierin ihre Kindheitserinnerungen saftig grüner Gärten, unheimlicher Höhlen oder blendender Strände in die Schaufenster von Hermès‘ Hauptgeschäft am ehrenwerten Faubourg Saint Honoré in Paris. Zwar ist Leïla Menchari  vor vier Jahren in Pension gegangen, ihre Vitrinen jedoch, die jetzt mit einer Ausstellung geehrt werden, bleiben weltweit ein Begriff. Sogar Leute aus der Provinz oder dem Ausland kamen absichtlich zum edlen Lederlabel, einzig mit dem Ziel, sich vor dem Schaufenster aus dem Alltag schnippen zu lassen, staunend wie ein Kind: Lire la suite

Mode als politisches Manifest

Mit weissen Armbinden, aufgedruckten Slogans und Einflüssen aller Kulturen wehrt sich die Mode gegen Fremdenhass und Sexismus.

Donald Trumps Wahl ins Weisse Haus und der britische Brexit schleichen sich in die Highfashion. Die Mode des nächsten Winters, die gerade auf den Laufstegen gezeigt worden ist, gleicht einem Manifest für Toleranz und Weltbürgertum. Absichtlich vereinen die Modemacher ganz unterschiedliche Einflüsse in einer Kollektion. Als grösster britischer Modeplayer vermischt etwa Burberry am gleichen Minikleid den germanischen Minimalismus der 1990er Jahre mit romantischen Rüschen der europäischen Siedlerinnen im Amerika des 19. Jahrhunderts. Doch auch die Coolness des afro-amerikanischen Hip-Hops wird … Lire la suite

Ein Kinderspiel

Weit weg von allem Formellen macht die Highfashion der Männer die Mode zum Spiel mit Slogans, Sport und Teddybären.

Street-, Sport-, Skate- und Workwear werden nicht mehr nur privat oder auf der Baustelle getragen. Die Männermodeshows von London, Mailand, Paris und jetzt in New York geben einen köstlichen Vorgeschmack der nächsten Herbst- und Wintermode. Der Mann wird auch im Büro, der Chefetage, an Vernissagen und Versammlungen auf Komfort mit Pfiff zählen können. Drei Trends machen es möglich: Athleisure  als Luxus-Sportwear der Highfashion und Activewear aus technischen Materialien top modisch aufgemotzt. Gemeinsam dienen sie dem dritten Trend, der Verherrlichung der Millenials-Generation, die surft, spielt, trekkt und tanzt. Klar sind die unter Zwanzigjährigen ein Zielpublikum der grossen Modemarken, doch der … Lire la suite

Die EM schleicht sich in die Highfashion

Während die Götter der Stadien um den EM-Titel kämpfen, kickt die Highfashion mit Kniesocken, Leuchtfarben und Tattoos über die Catwalks.

Zumindest seit der Männer- Fashionweek vor einer Woche in Paris sind die peinlich zerrissenen Leibchen der Schweizer Nationalmannschaft vergessen. Zwar figuriert kein Schweizer Spieler in den Hitlisten der sexysten Fussballer Europas. Doch muss man nicht Weitblick besitzen, um treffsicher zuzuschlagen? Dank der Highfashion jedenfalls wird das leuchtende Gelb von Yann Sommers Handschuhen zum Trend …. des nächsten Sommers. Ein mancher französischer Kommentator hat den sicheren Griff des Schweizer Torhüters gelobt – das noble Sattlerlabel Hermès macht das Gelb des berüchtigten Absinth, der verwarnenden Karte und der Trainingskutten zum Must für betuchte Männer.

Kniesocken als Zeichen des guten Geschmacks

Was den Look betrifft, beeinflussen die Modeikonen des Fussballfeldes längst die Könige der Catwalks. Jetzt wandeln diese aber gar die virilen Fussballerstülpen zum … Lire la suite

Die Highfashion gerät aus den Fugen

Macht es noch Sinn, Winterkleider im Frühling zu zeigen? Die Modedesigner aus den USA überrumpeln die Europäer mit ihrem „ready-to-buy“.

Heute wollen die Fashionvictims sofort kaufen, was sie sehen. Das meint zumindest New York, wo der Modemarathon mit der kommenden Herbst- und Wintermode vor drei Wochen begonnen hat. Mailand und London folgten. Bis gestern sind in Paris 92 Modeschauen gelaufen, wo der amerikanische Vorstoss einem Erdbeben gleichkommt. Schliesslich war bisher alles bestens eingespielt. Die Damenmode wird jeweils im März und Oktober, fünf Monate vor Saisonbeginn präsentiert. „Die junge Kundschaft will nicht mehr warten. Sie wollen noch am gleichen Tag oder tags darauf tragen, was sie sehen“, übertrieb Tommy Hilfiger an der New Yorker Fashionweek. Er gab aber an, nächstes Jahr seinen Betriebsfahrplan entsprechend umzustellen. Wie genau, weiss noch niemand. Nur eines ist sicher: Die schon immer kommerzieller waltenden amerikanischen Labels wollen keine grossen Shows mehr inszenieren, die keinen unverzüglichen Gewinn abwerfen. Der Texaner Tom Ford hat diesmal sogar gepasst und will … Lire la suite

Mit starken Düften die Persönlichkeit ausdrücken

Über zweihundert neue Parfums kommen in diesem Herbst auf den Markt: Betörend schwere Düfte für den Mann, zuckersüsse Symphonien voller Blumen und Früchten für die Frau. Dahinter stecken Marktanalysen und ganze Konzepte, um dem Ego der Generation Y zu schmeicheln.
Parfumtrend copyright esther haldimann
Schwere Wolken von Pfeffer und warmen Gewürzen, orientalischen Hölzern und spritzigen Zitrusfrüchten hängen in Gängen und Aufzügen, so stark und intensiv, dass sie sogar durch Türen dringen. Ein Nachbar mag Diors neues Sauvage, dessen Duft nach Roten Beeren, Geranium, Lavendel und Patschuli über den Balkon herüber schwebt. Noch intensiver, noch tiefer, noch sinnlicher zieht ein Mann, der aus einem Bus steigt, die Umgebung in seinen Bann dank Yves Saint Laurents La Nuit de l’homme L’Intense. Weit süssere Blütendüfte versprühen die Frauen, pudrig unterlegtes Neroliöl aus bitteren Orangen (Elie Saab) oder ganze Symphonien aus Narzissen, Strohblumen, zarten Lindenblüten, süssem Flieder, feinen Akazien und aufdringlichen Mimosen. Auch um Schlemmernoten wie Vanille, Honig, Safran, Milchkaffee, Zimt oder Ahornsirup kommt in diesem Winter niemand herum.

Rosen aus Bulgarien, italienische Pflaumen…

Rechnet man alle von einem bereits bestehenden Parfum abgeleiteten Flanker und limitierten Sonderauflagen ein, kommen im Frühling und Herbst jeweils über zweihundert neue Parfums auf den Markt. Viele Parfümeure setzen den Damen in diesem Herbst allzu typisch feminine, süss-fruchtige Blumendüfte und den Männern einen betörenden Cocktail vor. Doch wer setzt diese Trends überhaupt fest? „Es hat sie schon immer … Lire la suite

Wir tragen Teppich

Die Männermode-Designer rufen in Paris zu mehr Völkerverständnis auf – aber nicht nur.

 

Bilder: Kenzo

« Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin ». In den Siebziger Jahren hat sich die Jugend diesen Slogan gegen den Krieg in Vietnam auf die Umhängetasche geklebt. Damals schon war Khaki Trumpf, das mit Abzeichen und Pins besteckte Militärhemd und die unumgängliche « Armyjacke ». Dass heute der Retrotrend der Seventies erneut mit der aktuellen Kriegsstimmung zusammentrifft, ist eigentlich Zufall. Der Terror findet jetzt allerdings nicht nur in fernen Ländern, sondern direkt vor der eigenen Haustür statt. Lanvins Männershow beginnt dennoch … Lire la suite