Neustart bei Lanvin

Frankreichs ältestes Modehaus kämpft um sein Überleben: Der neue Designer Oliver Lapidus soll die Marke zurück in die Gewinnzone führen.

LANVIN ready to wear spring summer 2018
Paris fashion week september 2017

Lanvin, Dior, Saint Laurent,  Balmain….all diese berühmten Modeplayer bestehen in Paris seit mehr als fünfzig Jahren und müssen nach dem Tod ihrer Gründer an den Fashionweeks stetig für neue Highlights, für das Weiterblühen ihrer Marke kämpfen. Dazu werden die weltbesten Modeschöpfer eingestellt oder entlassen, wenn sie nicht an die Erfolge ihrer Vorgänger anknüpfen können. An der Pariser Fashionweek war für Lanvins neuer Couturier Olivier Lapidus die erste Show gleich ein doppelter Challenge: Der charmante 59jährige muss das älteste französische Label in die Moderne führen und gleichzeitig die Kundinnen zurücklocken, die seit Alber Elbaz Weggang ausbleiben. Lire la suite

Weg mit der Krawatte

Donald Trumps grässlich feuerrote Krawatte, die provokativ bis zum Hosenladen herunterfällt, lässt perplex.  Dass er gewinnen würde, war nicht den Meinungsforschern, jedoch den Krawattenkennern klar: In Amerika ist die Rote die Krawatte des Siegers, die sich einst schon George W. Bush umgebunden hat. Sie steht für Mut, Macht und Männlichkeit und überdeckt schillernd versteckte Komplexe. In Frankreich zählen die Schwarze und die Marine zum guten politischen Geschmack. Just nach ihrer Qualifikation in die konservative Stichwahl haben sich jedoch Alain Juppé und François Fillon ebenfalls eine Rote umgebunden. Lächerlich. Doch oben ohne geht es in der Politik (noch) nicht: Frankreichs krawattenlose Präsidentschaftskandidaten haben alle eine Schlappe an den Vorwahlen eingefangen. Zu locker. Zu fahrig. Am letzten Sonntag standen sich die linken Präsidentschaftskandidaten gegenüber: Benoît Hamon siegte haushoch als moderner Denker mit der schmalen Schwarzen zum Slim-Anzug gegen Manuel Valls, der feinfühlig seine bekannte Autorität mit einer Hellblauen ausbalanciert hat. Das gefällt dem Männermodedesigner Lucas Ossendrijver. Blau, Schwarz und Rot seien zu kodiert; Trumps roter Halsschmuck „ein bisschen schwierig“. Darüber macht sich der Schweizer Jungdesigner Julian Zigerli nicht einmal Gedanken. Sämtliche Krawatten sind für ihn Schnee von gestern. Die Revolution der Millenials hat begonnen. Als Linksextremist mit utopischem, volksnahen Gedankengut versteckt Benoît Hamon bereits die Schale samt Krawatte unter einer Mainstream-Parka. In zwanzig Jahren ist es mit dem männlichen Statussymbol der 20. Jahrhunderts sowieso aus. Statur und Bedeutung werden ab sofort krawattenlos mit einem am Hals zugeknöpften schneeweissen Hemd demonstriert oder einem feinen Rollkragenpulli in warmen Farbtönen: Fuchsrot für Trump.

Ein Kinderspiel

Weit weg von allem Formellen macht die Highfashion der Männer die Mode zum Spiel mit Slogans, Sport und Teddybären.

Street-, Sport-, Skate- und Workwear werden nicht mehr nur privat oder auf der Baustelle getragen. Die Männermodeshows von London, Mailand, Paris und jetzt in New York geben einen köstlichen Vorgeschmack der nächsten Herbst- und Wintermode. Der Mann wird auch im Büro, der Chefetage, an Vernissagen und Versammlungen auf Komfort mit Pfiff zählen können. Drei Trends machen es möglich: Athleisure  als Luxus-Sportwear der Highfashion und Activewear aus technischen Materialien top modisch aufgemotzt. Gemeinsam dienen sie dem dritten Trend, der Verherrlichung der Millenials-Generation, die surft, spielt, trekkt und tanzt. Klar sind die unter Zwanzigjährigen ein Zielpublikum der grossen Modemarken, doch der … Lire la suite

Kreativdirektor – ein Genie des vernetzten Denkens

In zähen Verhandlungen buhlen die französischen Modehäuser um die weltbesten Chefdesigner. Saint Laurent hat blitzschnell Hedi Slimane ersetzt. Diors Damenabteilung hingegen bleibt weiterhin verwaist.

hedi slimane low

Früher entwarf ein Yves Saint Laurent eigenhändig seine Kollektionen allein vor dem weissen Blatt – heute ist der Kreativdirektor längst kein Solist mehr, sondern ein Dirigent, der seinem Team angibt, was es zu zeichnen hat. Er schleift überhaupt am ganzen Image einer Marke. Er muss eine starke Vision besitzen und sich dennoch in die manchmal fast hundertjährige Geschichte eines weltberühmten Traditionshauses einbetten. Diese Auffrischung des globalen Eindruckes ist Hedi Slimane (47) bei Yves Saint Laurent binnen vierer Jahre gelungen. Sogar weit weg vom Pariser Firmensitz, in Los Angeles, hielt das sensible Wunderkind der Modeszene … Lire la suite

Bereit fürs weite Hosenbein?

Man geht nicht mehr, man gleitet. Sinnlich und raffiniert kommt die neue, flatternde Hose dem Mann gelegen: Auffallen will er, um nicht in der breiten Masse unterzugehen.

Dior_Homme_Hiver2016-17_look_17 by Patrice Stable

In den 1970er Jahren haben alle weite Hosen getragen: Joe Dassin ganz in weiss, Michel Sardou hochtailliert, Mike Brant zum Seidenhemd mit Fledermausärmeln. Ausgelöst durch die Befreiung aus den gesellschaftlichen Zwängen von Mai 68 und der Hippiebewegung waren die Seventies eine nie mehr egalisierte Modezeit. Ihre fazettenreiche Fülle wird seit mehreren Jahreszeiten auf den Laufstegen ausgelotet. Die Trompetenhosen des Hippie-Chics haben aber kaum Fuss gefasst. Dafür setzen sich seit Jahren die ursprünglich von Hedi Slimane bei Dior anfangs des dritten Jahrtausends zu neuem Leben erweckten Röhrlihosen fest. Der Retro-Rocker muss sich jetzt aber auf einen weit breiteren Hosenschlag einstellen. Zumindest hat die Pariser Männerfashionweek Ende Januar dieses neue Gehgefühl prächtig inszeniert: Nur rund zehn Zentimeter unter der Brust verschlossen, betont die neue Männerhose nicht etwa wie in den 7oern den Männerstolz unter der Gürtellinie. Nein, sie pludert … Lire la suite

Wir tragen Teppich

Die Männermode-Designer rufen in Paris zu mehr Völkerverständnis auf – aber nicht nur.

 

Bilder: Kenzo

« Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin ». In den Siebziger Jahren hat sich die Jugend diesen Slogan gegen den Krieg in Vietnam auf die Umhängetasche geklebt. Damals schon war Khaki Trumpf, das mit Abzeichen und Pins besteckte Militärhemd und die unumgängliche « Armyjacke ». Dass heute der Retrotrend der Seventies erneut mit der aktuellen Kriegsstimmung zusammentrifft, ist eigentlich Zufall. Der Terror findet jetzt allerdings nicht nur in fernen Ländern, sondern direkt vor der eigenen Haustür statt. Lanvins Männershow beginnt dennoch … Lire la suite

Lanvin: Der neue Biss der Männermode

Sexy, edel und doch diskret: Aus Emotionen machen Alber Elbaz und Lucas Ossendrijver bei Lanvin eine Mode, die jeder Mann begehrt. Die beiden Designer lancieren Trends am laufenden Band, obwohl es um Kleider zum Aufbewahren geht.

images[2]

“Es braucht Zeit, um eine Marke aufzubauen, denn nicht alles im Leben entsteht wie ein Nescafé”. Mit diesem Satz beschreibt Lanvins Artdirector Alber Elbaz das Ausmass, wenn es gilt, ein berühmtes Label neu auf Vordermann zu bringen. Für Lanvin ist die Männermode ein Schlüsselement: Jeanne Lanvin führte sie bereits 1926 ein. Bis zur Einstellung des Duos Elbaz-Ossendrijver misslang es der Marke, ihr Bild massgeschneiderter Politiker und Geschäftsmänner in eine begehrliche Trendmode zu verwandeln. 2001 machte die Firma gerade noch einen Umsatz von 50 Millionen Euros. Dieser hat sich inzwischen verdreifacht. Denn Alber Elbaz’ luxeriöse, aesthetisch aufs Minimum beschränkte Damenmode und Lucas Ossendrijvers Männermode, die Chic und Nonchalance vereint, machen aus Lanvin das wegleitende Trendlabel. Die von Ossendrijver eingeführten Turnschuhe sind ein Must und trotz unsichtbarem Logo sofort erkennbar. Der sensible, ungeduldige Pedant trägt sie selbst zu einer schwarzen Hose und zwei übereinander gelegten Hemden. “Alles Teile von Lanvin, aber aus verschiedenen Saisons. Ich mache Kleider zum Aufbewahren und zum Mixen”, betont der Holländer. Er wolle Teile für jedes Portemonnaie. “Dieser Luxussupermarkt ist eine geistige Erweiterung », meint der Unprätentiöse, der kaum Interviews gibt. Er beginnt den doppelten Espresso in der Hotelbar gegenüber des Pariser Modeshauses mit dem Schöggeli. Wenn der 40jährige von Stoffen und Farben spricht, mit denen er seine Kollektionen startet, schwingt Leidenschaft in seiner Stimme. Mal pure Leinen, mal technische Textilien, mal Papier, sein Spiel mit Proportionen und Materialien machen seine Kollektionen zu den besten. Mit Jogginghosen zu weiten Mänteln oder engen Jacketts hat Ossendrijver schon vor fünf Jahren neue Männertrends lanciert. “Wie ein Schwamm nehme ich alles auf, setze es aber in umgekehrter Richtung um », meint der Designer, der nach dem Studium an Modeschulen von Arnheim und Amsterdam für verschiedene Labels entwarf. Bei Dior realisierte der Holländer die klassiche Linie. Präzision und Anspruch habe er dort von Hedi Slimane gelernt. Die Mode bleibt für den auf dem Lande aufgewachsenen Superschlanken ein grosser Traum und ein Job in “höllischem Rhythmus”. Abstellen sei unmöglich. “Zu Fuss auf dem Heimweg oder im Nightclub leere ich den Kopf”. Diese Mischung macht seine Mode sexy. Breite Gürtel oder enthüllte Knöchel: “Die Zerbrechlichkeit fehlte in der Männermode. Doch gerade sie zeichnet den Franzosen aus”, meint Ossendrijver bevor er wieder in den Etagen der rue Boissy d’Anglade verschwindet.

Paris, September 2013 – Bild: nach der Lanvin-Show, Lucas Ossendrijver (links) und Alber Elbaz (rechts)