Sexy, edel und doch diskret: Aus Emotionen machen Alber Elbaz und Lucas Ossendrijver bei Lanvin eine Mode, die jeder Mann begehrt. Die beiden Designer lancieren Trends am laufenden Band, obwohl es um Kleider zum Aufbewahren geht.
“Es braucht Zeit, um eine Marke aufzubauen, denn nicht alles im Leben entsteht wie ein Nescafé”. Mit diesem Satz beschreibt Lanvins Artdirector Alber Elbaz das Ausmass, wenn es gilt, ein berühmtes Label neu auf Vordermann zu bringen. Für Lanvin ist die Männermode ein Schlüsselement: Jeanne Lanvin führte sie bereits 1926 ein. Bis zur Einstellung des Duos Elbaz-Ossendrijver misslang es der Marke, ihr Bild massgeschneiderter Politiker und Geschäftsmänner in eine begehrliche Trendmode zu verwandeln. 2001 machte die Firma gerade noch einen Umsatz von 50 Millionen Euros. Dieser hat sich inzwischen verdreifacht. Denn Alber Elbaz’ luxeriöse, aesthetisch aufs Minimum beschränkte Damenmode und Lucas Ossendrijvers Männermode, die Chic und Nonchalance vereint, machen aus Lanvin das wegleitende Trendlabel. Die von Ossendrijver eingeführten Turnschuhe sind ein Must und trotz unsichtbarem Logo sofort erkennbar. Der sensible, ungeduldige Pedant trägt sie selbst zu einer schwarzen Hose und zwei übereinander gelegten Hemden. “Alles Teile von Lanvin, aber aus verschiedenen Saisons. Ich mache Kleider zum Aufbewahren und zum Mixen”, betont der Holländer. Er wolle Teile für jedes Portemonnaie. “Dieser Luxussupermarkt ist eine geistige Erweiterung », meint der Unprätentiöse, der kaum Interviews gibt. Er beginnt den doppelten Espresso in der Hotelbar gegenüber des Pariser Modeshauses mit dem Schöggeli. Wenn der 40jährige von Stoffen und Farben spricht, mit denen er seine Kollektionen startet, schwingt Leidenschaft in seiner Stimme. Mal pure Leinen, mal technische Textilien, mal Papier, sein Spiel mit Proportionen und Materialien machen seine Kollektionen zu den besten. Mit Jogginghosen zu weiten Mänteln oder engen Jacketts hat Ossendrijver schon vor fünf Jahren neue Männertrends lanciert. “Wie ein Schwamm nehme ich alles auf, setze es aber in umgekehrter Richtung um », meint der Designer, der nach dem Studium an Modeschulen von Arnheim und Amsterdam für verschiedene Labels entwarf. Bei Dior realisierte der Holländer die klassiche Linie. Präzision und Anspruch habe er dort von Hedi Slimane gelernt. Die Mode bleibt für den auf dem Lande aufgewachsenen Superschlanken ein grosser Traum und ein Job in “höllischem Rhythmus”. Abstellen sei unmöglich. “Zu Fuss auf dem Heimweg oder im Nightclub leere ich den Kopf”. Diese Mischung macht seine Mode sexy. Breite Gürtel oder enthüllte Knöchel: “Die Zerbrechlichkeit fehlte in der Männermode. Doch gerade sie zeichnet den Franzosen aus”, meint Ossendrijver bevor er wieder in den Etagen der rue Boissy d’Anglade verschwindet.
Paris, September 2013 – Bild: nach der Lanvin-Show, Lucas Ossendrijver (links) und Alber Elbaz (rechts)